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Mittwoch, 28. März 2012

Kurz gesagt


"Man hat den Anfechtungen nicht in passiver Geduld zu begegnen, sondern muss sie wie eine Last mit entgegen gestemmter Schulter tragen. Das kann man, wenn man beharrlich am Gebet als Erweis des offenen Zuganges zu Gott und der Kindschaft festhält."

von Ernst Käsemann (1906 - 1998), evangelischer Theologe,
aus seinem NT-Kommtentar "An die Römer" 
(erschienen bei J.C.B Mohr [Paul Siebeck] , Tübingen 1973)



"Wem die Gnade Gottes alle Morgen neu ist, der bleibt frisch, und dessen Liebe erfrischt wiederum Feinde und Freunde."

von Helmut Thielicke (1908 - 1986), evangelischer Theologe,
aus seinem Buch "Das Leben kann noch einmal beginnen"
(erschienen im Quell Verlag, Stuttgart 1956)



"In der Nachfolge Christi kann der Mensch in der Welt von heute wahrhaft menschlich leben, handeln, leiden und sterben: in Glück und Unglück, Leben und Tod gehalten von Gott und hilfreich den Menschen."

von Hans Küng (* 1928), katholischer Theologe,
aus seinem Buch "Christ sein"
(erschienen im Piper Verlag, München 1974)

Dienstag, 27. März 2012

Christliches



Ich fürchte, die radikale Unbegreiflichkeit dessen, was mit Ewigem Leben wirklich gemeint ist, wird verharmlost, und was wir unmittelbare Gottesschau in diesem Ewigen Leben nennen, wird herabgestuft zu einer erfreulichen Beschäftigung neben anderen, die dieses Leben erfüllen; die unsagbare Ungeheuerlichkeit, dass die absolute Gottheit selber nackt und bloß in unsere enge Kreatürlichkeit hineinstürzt, wird nicht echt wahrgenommen.

von Karl Rahner (1904 - 1984), deutscher katholischer Theologe
aus seinem Buch "Von der Unbegreiflichkeit Gottes" (bei Herder)



Was gut ist, wissen wir, es steht in den Geboten. Aber Gott ist nicht nur in den Geboten, sie sind nur der kleinste Teil von ihm. Du kannst bei den Geboten stehen und kannst weit von Gott weg sein.

von Hermann Hesse (1877 - 1962), deutsch-schweizerischer Schriftsteller
aus seinem Buch "Die Einheit hinter den Gegensätzen" (bei Suhrkamp)

Aufwärts


Nun aufwärts froh den Blick gewandt
und vorwärts fest den Schritt!
Wir gehn an unsers Meisters Hand,
und unser Herr geht mit.  

Vergesset, was dahinten liegt
und euern Weg beschwert;
was ewig euer Herz vergnügt,
ist wohl des Opfers wert.  

Und was euch noch gefangen hält,
o werft es von euch ab!
Begraben sei die ganze Welt
für euch in Christi Grab.  

So steigt ihr frei mit ihm hinan
zu lichten Himmelshöhn.
Er uns vorauf, er bricht uns Bahn -
wer will ihm widerstehn?  

Drum aufwärts froh den Blick gewandt
und vorwärts fest den Schritt!
Wir gehn an unsers Meisters Hand,
und unser Herr geht mit.

von August Hermann Franke (1853 - 1891)

Toleranz


Ich meinerseits glaube nicht, dass nicht zwei, oder sechs, oder zahllose Arten von Weltbetrachtung friedlich nebeneinander existieren können. Dass die Art, wie ein Mensch die Welt betrachtet, ein Kampfmittel sei oder sein müsse, sehe ich nicht ein. Ich habe meinen Glauben, halb aus Herkunft, halb aus Erfahrung stammend, und er hindert mich nicht, Andersgläubige mit Achtung zu behandeln.

von Hermann Hesse (1877 - 1962)

Diese Toleranz und Weitherzigkeit des großen Dichters will ich mir unbedingt zueigen machen.

Montag, 26. März 2012

Über die Geduld - Gedanken zu Hebräer 10; 3


Geduld zu haben, ist nur wenig beliebt; sie zu fordern, macht einem nicht viele Freunde. Sie scheint einfach nicht mehr in unsere schnelllebige Zeit zu passen. Man verbindet mir ihr endloses Warten-müssen und sonstige Unannehmlichkeiten. Das Wort "Geduld" kommt von "dulden", das heißt soviel wie "etwas aushalten", etwas "ertragen müssen". Geduld bezeichnet also eine gewisse Ausdauer, Beharrlichkeit, die Bereitschaft, bestimmte Dinge auf sich zu nehmen - sie zu erdulden -, und auch den festen Willen, ein gesetztes Ziel allen Widrigkeiten zum Trotz erreichen zu wollen. Geduld ist sicher kein tatenloses "Aussitzen", kein Abwarten und einfach alles laufen lassen, sondern sie ist vielmehr ihrem Wesen nach ein mehr aktiver als passiver Vorgang. Geduld ist das Erkennen und Bewerten gegebener Realitäten und das daraus resultierende Handeln und Inkaufnehmen von Unangenehmem. Geduld erfordert Vertrauen und Kraft; sie ist eine christliche Tugend und Auswirkung der Liebe. Es ist immer eine Herausforderung, geduldig zu sein und zu bleiben. Die Länge der Zeit, in welcher uns Geduld abgefordert ist, bewirkt in der konkreten Situation einen zunehmenden Aufwand an Kraft und Ausdauer. Somit kann man in Analogie zum Sport sagen, dass unsere Kraft und Ausdauer (der Seele, des Glaubens, im Christsein) - hier also unsere Geduld - durch die abgeforderte Belastung zunehmen und gestärkt werden. Belastungen - oder wie Paulus sagt: Bedrängnisse - fördern, stärken und bilden unsere Geduld und erweitern unseren Erfahrungsschatz (vgl. Römer 5; 3.4). Geduld haben (zu müssen) mag manchmal lästig sein, aber es bringt uns voran. Darum sagt der Verfasser der Epistel an die Hebräer, wir hätten die Geduld nötig, denn sie befähige uns, Gottes Willen zu tun und Verheißenes in Empfang zu nehmen (vgl. Hebräer 10; 36). Wenn etwas "nötig, notwendig" ist, dann hilft es per definitionem "Not abzuwenden", bezeichnet also ein Bedürfnis, ein zwingendes Erfordernis. Und dazu kommt noch, dass Geduld nichts Kurzfristiges - keine "Sekundensache" - ist, sondern eben immer mit einer gewissen "Länge der Zeit" in Verbindung steht, gleichwohl aber ein elementarer Bestandteil des christlichen Lebens ist, ja sein muss. Geduld haben heißt, unter allen Umständen an Gott festzuhalten, ganz egal, was auch immer kommen und passieren mag (vgl. Ijob 1; 21 und 2; 10), und "auf alle Fälle" bei Ihm zu bleiben, weil wir die Gewissheit haben, dass Er uns hält, leitet, tröstet und annimmt (vgl. Psalm 73; 23 - 25). Manchmal brauchen wir Geduld, um auch die Zulassungen Gottes, die ja nicht seinem ursprünglichen Willen entstammen, aushalten zu können. Wir brauchen manchmal sehr viel Kraft im gegenseitigen Miteinander, damit uns über den Schwächen und Fehlern des jeweils Anderen nicht der "Geduldsfaden" reisst, damit wir nicht zu einem vorschnellen Urteilen und Verdammen hingerissen werden. Gerade unsere Bereitschaft zum gegenseitigen Verzeihen und Vergeben fordert ein hohes Maß an Geduld gegeneinander (vgl. Matthäus 18; 21.22).

Dabei ist die Geduld zu allererst ein göttliche Tugend - ER hat Geduld mit uns (vgl. 2. Petrus 3; 9)! Der Herr erduldet unsere Untreue und bleibt uns doch treu. Gott erduldet unsere Sünde und vergibt sie uns gnädig. Er erduldet unsere Lieblosigkeit und liebt uns dennoch über die Maßen. Alles nimmt Er hin, nimmt es auf sich, duldet und erduldet es, weil Ihn die Liebe zu uns dazu treibt. Und Geduld Gottes ist unsere Rettung (vgl. 2. Petrus 3; 15), weil sie uns in ihrer Langmut und Liebe nicht im Tode lassen will.

Und doch haben wir nicht nur Gottes Geduld nötig, sondern auch wir sollen unsererseits Geduld aufbringen. Das ist nicht immer einfach, aber Gott sieht auch unseren "Bedarf" und stärkt uns darin. Weil Geduld aber Kraft erfordert, will Er uns durch sein Wort stärken. Geduld beweist Stärke, aber wir sind schwach. Doch unsere Schwäche kann sich getrost der Kraft Gottes überlassen, dann wirkt seine Macht und Herrlichkeit in all unserer Schwäche (vgl. 2. Korinther 12; 9). Das tut Er jedoch nicht immer dann und nicht immer so, wie wir uns das vorstellen; auch da brauchen wir Geduld.

Wie wird Geduld nun gestärkt? Im Nachsinnen über Gottes Treue und die Größe und Tragweite des Opfers Jesu erfahren wir eine Stärkung unserer Geduld, da sich darin unser Blick über die momentane Situation hinaus auf Gott hin weitet. Das Nahesein des Allerhöchsten in Wort und Sakrament, im persönlichen Gotterleben, stärkt unser Durchhaltevermögen, unsere Beharrlichkeit, unsere Fähigkeit zum Dulden, also eben unsere Geduld. Das Sich-versenken in die Eucharistie, in die Feier des Heiligen Abendmahles, stärkt unsere Geduld, weil wir darinnen Gottes Liebe und Geduld erkennen, und in der Gemeinschaft mit dem Sohn seine Liebe zu uns, sein Eintreten für uns, seine verheißene, tägliche Nähe erkennen und erleben dürfen. Das Wissen und die wahrhafte Erkenntnis des Wertes der Wiederkunft Christi als des heimholenden Sohnes Gottes, stärkt und festigt unsere Geduld, weil wir erkennen, dass diese ein Ziel - ein absolut lohnendes Ziel - hat. Auch die Nachfolge (lat.: imitatio) kann die Geduld stärken, weil wir durch sie im Wesen Jesu wachsen und zunehmen, wir reifen darin durch Gottes Gnade ins Göttliche hinein; die Nachfolge heiligt uns. Wenn uns Christus alles - wirklich ALLES - ist, so wird Geduld kein Problem werden, sein oder bleiben. Die Liebe zum Gottessohn, zum Heiland unserer Seele, zum Erlöser aus Schuld und Sünde, zum Bräutigam der Seele (vgl. Offenbarung 19; 7 und 22; 17), wird durch ihre Kraft und Glut unsere Geduld immer neu "befeuern". Gebet, also die Kommunikation mit Gott, das Suchen seiner Nähe und Gegenwart, stärkt uns in der Geduld, weil wir im Beten auch Hörende sind und seinen Zuspruch erfahren. Die Gemeinschaft der Kinder Gottes, also derer, die vom Heiligen Geist angetrieben sind (vgl. Römer 8; 14), stärkt ebenfalls die Geduld, weil wir darin einander helfen, unsere Lasten und Leiden zu bewältigen (vgl. Galater 6; 2). Wenn wir also Geduld haben, sowohl die Geduld Gottes als auch die eigene, dann ist es möglich, dass wir Gottes Willen erkennen und erfüllen, dann ist es möglich, der Verheißungen teilhaftig zu werden (vgl. Hebräer 10; 36).

Was ist nun der Wille Gottes? Zunächst einmal besteht der Wille Gottes, wie es Paulus in seiner Epistel ausdrückt, in unserer Heiligung (vgl. 1. Thessalonicher 4; 3), an welcher wir geduldig und nachhaltig arbeiten sollen. Auch will Gott allen Menschen - ohne jede Ausnahme (hier ist also keine Trennung nach Konfession, Religion, Rasse, Stand oder Herkunft genannt) - Hilfe und Erkenntnis der Wahrheit vermitteln (vgl. 1. Timotheus 2; 4); das erfordert auch unseren Einsatz und unsere Geduld. Gott will uns auch ewig bei sich haben; es erfordert Liebe, Kraft und Geduld, damit wir dem - mit der Hilfe freier, göttlicher Gnade - gerecht werden können. Das gläubige und herzliche Sich-versenken in den Gotteswillen mit aller Liebe und Demut, das in unserer Nachfolge und Geduld seinen Ausdruck findet, garantiert uns den Empfang dessen, was uns verheißen ist.

Was ist uns denn verheißen? Gott verheißt uns ewige Gemeinschaft; wir sollen als Miterben Christi teilhaben an seinem Reich, an der Herrschaft Gottes in gegenseitigem Dienst der Liebe. Uns ist ewiger, durch nichts zu trübender Friede der Seele verheißen, ewige Liebe mit all ihrer Seligkeit. Gott sagt uns durch Jesus Christus das ewige Leben zu; keine endlose Fortsetzung des zeitlichen Lebens ins Unendliche, sondern ein Sein bei, in und durch Gott, das eine neue, unendlich höhere Qualität haben und den jetzigen Gesetzen von Zeit, Raum und Kausalität nicht mehr unterworfen sind wird. Es ist ein ewiges Sein aus Gott, das uns in göttliche Dimensionen führt, und uns erleben lässt, dass Er - Gott, der Herr - uns alles in allem sein wird (vgl. 1. Korinther 15; 28). Ich denke, das ist es wert, sich mehr und mehr in der Geduld zu üben, denn die sich daraus ergebenden Perspektiven sind grandios.

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Sonntag, 25. März 2012

Die richtige Wahl treffen - das Leben wählen.

Gedanken zu Deuteronomium 30, 19 . 20


Gerade in unseren westlichen Demokratien sind wir des Öfteren zur Wahl aufgerufen. Es gilt dann, aus verschiedenen Kandidaten die gewünschten Volksvertreter in freier und geheimer Wahl auszusuchen und zu benennen. In manchen Staaten ist es allerdings mit der "Freiheit der Wahl" nicht weit her. Da wird den Menschen quasi vorgegeben, wen sie zu wählen haben; es besteht also keine wirkliche Wahlfreiheit.


Beim Volk Israel hat Gott die Menschen ebenfalls vor eine Wahl gestellt. Er tat kund, dass SEINE Wahl bereits feststünde; ER wählte also "öffentlich". Und er gab den Menschen sozusagen eine "Wahlempfehlung", allerdings ohne ihre Freiheit dadurch zu begrenzen und einzuschränken. ER brachte gewissermaßen zum Ausdruck: "Also, ich für meinen Teil lege mich fest, aber ihr habt völlig freie Hand, zu wählen, was euch am liebsten ist." Gott hat den Menschen also öffentlich vor Zeugen - vor dem gesamten Himmel und der ganzen Erde - Freiheit gewährt, Wahlfreiheit. Damit hat er den Menschen, wie das ja auch in der Demokratie der Fall ist, zugleich in Verantwortung gestellt. Für die Ergebnisse und Folgen meiner freien Wahl bin ich selbst verantwortlich.


Gott verfolgt eine bestimmte, eine liebende Absicht mit seinem Gewähren von Freiheit. ER ist frei und unabhängig (in der höchst denkbaren Weise), und daher will er, dass wir uns unabhängig, aus freien Stücken, für Ihn entscheiden; Gott möchte gerade keine "Zwangsbeglückten" haben. Er hat uns die freie Wahl geschenkt, damit wir uns ganz bewusst für Ihn, für Christus, für die (wahre) Freiheit, für das (ewige) Leben, und damit gegen die Sünde und den Tod.


GOTT - der ja Liebe ist (vgl. 1. Johannes 4; 16) - redet bei genauerem Hinsehen nicht nur von Wahlfreiheit, sondern er "bittet und bettelt" fast darum, doch das Leben, den Segen zu wählen. Er stellt uns nicht einfach vor ein "Entweder-Oder", sondern Er "beschwört" uns geradezu - mit Himmel und Erde als Zeugen -, den Bund, den "Lebensbund", mit IHM festzumachen. Er hat seine Wahl getroffen; ER hat uns erwählt. Dieses "Erwählen" ist aber kein kaltes, gleichgültiges Abwägen, kein Prädestinieren, kein Bevorzugen oder Benachteiligen, sondern es ist liebende Zuwendung zu uns, den Menschen, die Er - unbegreiflicherweise - so sehr liebt. Auch unsere menschliche Wahl, unser JA zu Gott, hat nichts mit Abwägung von Möglichkeiten, mit gleichgewichtiger positiver oder negativer Auswahl, zu tun. Unsere Entscheidung "für IHN" ist nichts anderes, als seine uns geschenkte Liebe - ER hat uns ja zuerst geliebt (vgl. 1. Johannes 4; 19) - zu erwidern, sie ist Gegenliebe (vgl. dazu Dieter Schneider, "Das 5. Buch Mose", WuStB Bd. 2, S. 273). Es ist also eine "Wahl der Liebe"; für meine Begriffe die absolut höchste Form von Freiheit. Und diese Wahl hat ganz gravierende Folgen: Sie bringt Segen und wendet Fluch ab, sie führt ins (ewige) Leben und errettet vom Tode. Das alles folgt einem vorgezeichneten Weg:


Gott zu lieben,  - das haben wir mit unserer Wahl bekundet, seiner Stimme gehorchen, - aus dem liebenden Dialog miteinander, und ihm anhangen, - das ist das Bekenntnis zu ihm, das Weiterführen der Liebe im Fortsetzen seiner Liebestaten.


Die Liebe zu Gott und Christus drängt uns, "Werke der Liebe" zu tun, an unserer Seele und am Nächsten. Diese Werke sollen nicht unser "Positiv-Konto" auffüllen, sondern sie wollen sichtbarer Ausdruck der Erwiderung jener Liebe sein, welche uns in der Liebe Gottes in der Vergebung der Sünden, in der Liebe Jesu Christi im Opfer am Kreuz, und in der liebenden Gemeinschaft des Heiligen Geistes, die sich in der Einkehr des Göttlich-Unvergänglichen in unser endlich-begrenztes Leben im Worte Gottes und der Feier des Herrenmahles manifestiert, so unsagbar groß entgegentritt (vgl. 1. Johannes 4; 7 - 21). Auch unser Gehorsam gegen die Gebote Gottes (vgl. Matthäus 22; 37 - 40) und gegenüber dem, was Christi Gesetz ist (vgl. Galater 6; 2), unsere unverbrüchliche Treue zu Gott und und seinem Sohn Jesus Christus (vgl. Offenbarung 2; 10), unser freies und aufrichtiges Bekenntnis zu ihnen (vgl. Römer 10; 9.10), sowie unsere Bereitschaft in ihre Nachfolge (lat.: imitatio) zu treten, selbst wenn wir Folgen und Zielpunkte nicht wissen und/oder einschätzen können (vgl. Offenbarung 14; 4.5), sind Ausdruck unserer Erwiderung dieser großen göttlichen Liebe.


Wählen wir also Gott - und damit Segen, Heil, Freiheit, und Leben -, dann erleben wir IHN als den über alle Maßen Segnenden, als den alles Heilenden und Heil Schaffenden, als den Befreienden, als die unerschöpfliche Quelle von Licht und Leben (vgl. Psalm 36; 10). Wir dürfen am eigenen Leib, an der eigenen Seele, erfahren, dass die Liebe zu Gott und zu Jesus Christus zwar Bindung ist, nämlich: Bindung aus Liebe, uns aber dennoch wahre Freiheit gewährt und garantiert. Die Bindung an den Herrn der Herren, die Einbindung in sein universelles Liebeswirken, ist uns höchste Freiheit, weil wir darin unser eigentliches Menschsein verwirklichen können. Durch dieses Gebundensein im göttlichen,  allerhöchsten Sinne sind wir in engstmöglicher Gemeinschaft mit Christus, der uns Menschen zur Freiheit befreit (vgl. Galater 5; 1), und uns das ewige Leben aus Gott und liebend von Gott her schenkt (vgl. Römer 6; 23). Von dieser überwältigenden und frei machenden Liebe Gottes soll uns nichts mehr abbringen; wir wollen sie täglich neu erwidern und pflegen mit einem reinen Herzen, mit all unserer Kraft (vgl. Römer 8; 38.39).


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CARPE DIEM

           
Zu Beginn einer Ausbildung weiß ich, dass meine Prüfung erst in ein paar Jahren sein wird. Aber kein Mensch käme auf die verrückte Idee, sich deshalb eine schöne Zeit zu machen und erst 3 Wochen vor Beginn der Prüfungen anzufangen, das zu erlernen, was dort gefordert wird. Schließlich ist jedem auch nur halbwegs gescheiten Menschen klar, dass das nicht funktionieren kann. Was ich jetzt, heute, in der mir gegebenen Ausbildungszeit lernen und mir aneignen kann, das nimmt mir niemand mehr. Aber im anderen Fall wäre von vorn herein klar, dass ich viel zu spät und dadurch viel zu wenig gelernt habe, und eigentlich nichts richtig weiß und kann. Soll das in meinem Glaubensleben vielleicht anders sein??

Und selbst wenn ich wüsste, dass Jesus Christus erst in 20.000 Jahren wiederkäme, möchte ich mich trotzdem JETZT darauf vorbereiten, mich jetzt ändern, jetzt seine Nähe und Gnade suchen, jetzt lernen ein wahrer Christ zu sein, denn ich habe keine Ahnung und kann nicht beurteilen, wieviel Lebens- und Arbeitszeit mir Gott zugemessen hat. Da bleibt nur eins: Rechtzeitig anfangen und nicht nachlassen! Sonst stelle ich auf einmal fest - da aber sicher zu spät -, dass ich zu wenig getan und gelernt habe, und dann vielleicht nicht dabei sein kann. Das will ich auf jeden Fall vermeiden, darum nütze ich die mir von Gott geschenkte Zeit der Gnade so gut ich es eben kann.

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Gedanken über das Beten


Gott hört uns, und wo es Ihm sinnvoll erscheint, erhört Er uns auch. Aber nicht alles, was nach einer "Gebetserhörung" aussieht, muss darum auch zwingend von Gott kommen.


Wenn wir miteinander und füreinander beten, dann können wir ganz einfach nicht miteinander streiten und gegeneinander kämpfen und unversöhnlich sein.


Gebet ist nicht dazu da, von Gott unsere Wünsche befriedigt und unsere Vorstellungen umgesetzt zu bekommen, sondern Gebet soll Gott nach dem fragen und um das bitten, was wahrhaftig gut ist für uns, und was Er uns in seiner Liebe aus seiner Gnadenfülle bereiten will.


Man kann es zwar versuchen, aber es wird uns nicht gelingen, Gott  "müde zu beten", da werden schon eher wir vorher "glaubensmüde".


Gebet ist Kommunikation mit Gott, ein Dialog. Da reden also beide. Lassen wir unsere Gebete nicht zu Monologen verkommen, die Gott endlos "zutexten".


Mit unserem Gebet haben wir kein Mittel, das die "Meinung Gottes" ändert, Ihn also umstimmt. Aber unser Gebet kann uns öffnen für den Willen Gottes, es kann unsere Perspektive verändern. Also kann man sagen: Das Gebet soll nicht bei Gott etwas verändern, sondern bei uns. Beten ist Hören auf Gott.


Wir haben im Gebet "Redefreiheit" vor Gott, aber Zuversicht ist nur dort berechtigt, wo wir uns Ihm anvertrauen und das "Was und Wie" getrost Ihm überlassen. Bei meinem Beten frage ich mich, ob ich mich dem Allmächtigen ganz überlasse, oder ob ich versuche Ihn zu "bequatschen".


Richtig verstandenes Gebet heißt nicht, die Mittel des Allmächtigen zur Erfüllung unserer Ansprüche und Wünsche zu beanspruchen, sondern es ist ein Mittel, unser Sein - mit allen Sorgen, Ängsten, Nöten, Wünschen, Hoffnungen und Sehnsüchten - vor Gott zu tragen, es Ihm anzubefehlen, uns in seinen Willen zu ergeben, und das Beten damit zum Kanal seines Gnadenwillens zu machen.


Beten ist das innige Suchen nach der Nähe Gottes. Es kann sein, dass man sich manchmal "etwas von der Seele betet", aber in der Hauptsache ist Gebet doch mehr ein Erforschen göttlichen Willens, das mit dem, der alles weiß und alles geben kann, in völlige Übereinstimmung kommen möchte, weil die Seele erkennt, dass ER längst weiß, was mir not ist und die dazu notwendigen Maßnahmen bereits eingeleitet hat. Gebet ist also Einstimmung auf Gott.

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Samstag, 24. März 2012

In Gottes Hand - Gedanken zu Psalm 31; 15.16


Wir setzen unsere Hoffnung auf Gott und übereignen unser Sein in seine gütigen Hände. Das ist nicht immer einfach, denn manches Mal sieht es direkt so aus, als wollte Gott rein gar nichts mehr von uns wissen. Immer wenn wir Ihn nicht mehr sehen, spüren und hören, packt uns die nackte Verzweiflung. Und doch ist Er da; dieses sichere Wissen dürfen wir mit hineinnehmen in unsere Zeit der Not und Sorge. Das lässt uns die Hoffnung auf ihn setzen, selbst wenn uns gar nicht danach ist. Dann sprechen wir diese Worte eher autosuggestiv. Aber weil wir unseren Gott auch immer wieder wunderbar erleben dürfen, wächst in uns ein Kern der Sicherheit und des Gewiss-seins: - ER ist mein Gott! In Jesus Christus gibt Er uns eine Hoffnung, die auch in unsicheren und schweren Tagen trägt. Dieses Hoffen ist kein billiges Vertrösten auf die Ferne, auf den berüchtigten "Sankt-Nimmerleins-Tag" irgendwann, irgendwo im Jenseits, sondern in Ihm haben wir eine lebendige, gegenwärtige und in alle Zukunft weisende und reichende, berechtigte Hoffnung. Und so gelingt es, uns Ihm immer neu hinzugeben und zu sagen: DU bist mein Gott! Wer oder was will da noch gegen uns sein (vgl. Römer 8; 31)? Der Allvermögende ist bei uns; - da haben wir nichts und niemanden mehr zu fürchten. Mit IHM sind wir in gewisser Weise unüberwindlich. Und das gilt zu jeder Zeit - immer! Unsere Zeit, meine Zeit, steht in Seinen Händen - ER ist also Herr der Zeit, auch meiner Zeit(en). Wie gut ist es, wenn man weiß: Der Allewige, der Allgütige, der alles Vollendende ist Herr, also: Herrscher, meiner Zeit des Leides und Zeit der Freude, Zeit des Kampfes und Zeit des Friedens, Zeit des Zweifels und Zeit der Gewissheit, Zeit der Mutlosigkeit und Zeit der Zuversicht, Zeit der Schwäche und Zeit der Kraft, Zeit der Sünde und Zeit des Überwindens, Zeit der Unversöhnlichkeit und Zeit des Vergebens, Zeit der Irrwege und Zeit der Nachfolge, Zeit des Dunkels und Zeit des Lichtes, ... Alles steht in SEINEN Händen - Das Ungute begleitet Er mit seiner ewigen Güte, seinem helfenden Nahesein; das Gute erfüllt er mit seiner Kraft und Fülle. Gott erfüllt unsere Zeit mit allem, was uns not ist, und mit der Fülle der Gnade in Christo. Dass meine Zeit nun in seinen Händen steht, heißt ja nicht, dass ich nichts mehr tun müsste. Auch die Zeit meiner Arbeit, meiner Anstrengungen und Mühen ist in seiner Hand; aber arbeiten, anstrengen, mühen muss ICH mich trotzdem. Aber wir dürfen um seine Hilfe, um seinen Schutz, um seine Bewahrung, um seine Nähe und Kraft bitten, damit wir gegen unsere Feinde ankommen. Unsere wahren Feinde sind keine Menschen, sondern bestimmte Lebenshaltungen, die uns schaden. Sünde ist unser Feind, sie führt zum Tode. Gleichgültigkeit und Lauheit sind unsere Feinde, sie senken unsere Aufmerksamkeit für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens. Unglaube ist unser Feind, weil er uns Gott entfremdet. Hoffnungslosigkeit ist unser Feind, weil sie uns das Vertrauen in Gottes Allmacht absprechen will. Und diese Feinde lassen nicht locker, die können wir nicht irgendwo zurücklassen oder abhängen. Ungute Gedanken verfolgen uns, und wir können nicht vor uns selbst davonlaufen. Gottfremde Geistesmächte verfolgen uns, um uns von Gott, von Christus, vom Heil abzubringen. Unversöhnlichkeit verfolgt uns, denn sie lässt uns keine Ruhe. Da müssen wir Abstand gewinnen. Das geht am besten, wenn zwischen uns und unseren Verfolgern Gott steht. Es gelingt über dieses Wissen: ER ist mein Gott! Dann sucht man seine Nähe, dann wendet man sich Ihm zu, dann findet man bei IHM Sicherheit. Und diese Sicherheit befähigt uns dazu, uns den Kämpfen, den Feinden, den Verfolgern zu stellen. Und die Gemeinschaft mit Gott schenkt uns den Sieg durch Jesus Christus, unseren Herrn (vgl.  1. Korinther 15; 57).

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Wirkung



Wer die Lehre Christi begreift,
hat dasselbe Gefühl wie ein Vogel,
der bis dahin nicht wusste,
dass er Flügel besitzt
und nun plötzlich begreift,
dass er fliegen, frei sein kann
und nichts mehr zu fürchten braucht.


von Lew Nikolajewitsch (Leo) Graf Tolstoi (1828 - 1910)

Gedankensplitter



Sobald der Mensch 
ein wenig aufmerksam an Gott denkt,
fühlt sein Herz eine gewisse beglückende Erregung,
die Zeugnis gibt, dass Gott
der Gott des menschlichen Herzens ist.


von Franz von Sales (1567 - 1622)

Kurze Gebete



Mach sichtbar, Unsichtbarer, am Bilde Jesu Christ,
was über uns Dein Wille und Dein Erbarmen ist!
Du nimmst mit Licht und Schatten, 
so wie wir sind, uns an,
weil nur der Angenomm'ne 
sein Leben ändern kann.


von Detlev Block (*1934)




HERR, lehre mich das Reden und 
Schweigen zur rechten Zeit.
Ich bin oft zu schnell mit meinem Urteil bei der Hand, 
wenn ich Negatives erlebe, 
und reagiere zu langsam, wenn es gilt, dem anderen 
ein Lob auszusprechen oder ihn zu ermutigen.
Lass mein Reden und Schweigen mehr als bisher
von der Liebe geprägt sein.


von Marie Hüsing (1909 - 1995)




Mein Gott, lass mir im Leben des Andern 
Dein Angesicht leuchten.
Das unwiderstehliche Licht Deiner Augen,
das auf dem Grund der Dinge strahlt,
hat mich schon zu jedem Werk begleitet, 
das ich vollbringen,
und zu jedem Schmerz, 
den ich ertragen musste.


von Marie-Joseph Pierre Teilhard de Chardin (1881 - 1955)




HERR,
mach alles wahr, wie Du es planst
in Deinem Rat.
Wenn still Du dann zum Opfer mahnst,
hilf auch zur Tat!


von Edith Stein (1891 - 1942),
Teresia Benedicta a Cruce (so ihr Ordensname) wurde 
am 09.08.1942 im KZ Auschwitz-Birkenau in der Gaskammer ermordet

Angstfrei? - Gedanken zu Johannes 16; 33


Ich finde es so tröstlich, dass Christus uns unsere Angst zugesteht, dass er sie nicht wegleugnet, dass er sie uns nicht anlastet; ER konstatiert sie einfach. Da heißt es also nicht: "Ach, wenn ihr nur genug Glauben hättet, dann müsstet ihr euch gar nicht fürchten!" oder "Würdet ihr inniger beten, bräuchtet ihr auch keine Angst zu haben!" Er lastet uns die Angst nicht an, er bürdet uns zu ihr nicht auch noch das Schuldgefühl auf. Nein, er stellt fest: "In der Welt habt ihr Angst"! Aber dabei bleibt es nicht, denn ER sagt uns dann klipp und klar dazu: "Ihr habt diese Angst, aber ich habe einen Trost für euch: Ich bin stärker als alles, was euch Angst einjagt! Ich habe diesen ganzen Kram ein für allemal beseitigt. Und ich muss auch gar nicht erst den Vater im Himmel bitten, dass er was unternimmt, denn der tut alles für euch, weil er euch über alles liebt. Gott leidet an eurer Angst, darum hat er sie besiegt und überwunden." Der größte Überwinder - Jesus Christus - soll uns das tröstliche Vorbild sein in dem Bewusstsein: Im Glauben und Vertrauen ist es letztlich möglich, die Welt - und damit die Angst - zu überwinden. Christi Sieg ist auch der unsere. Das Schöne daran ist, dass wir es nicht mehr tun müssen, weil ER es längst getan hat. Jesus hat auch Deine und meine Sündenschuld, unser Dem-Tod-geweiht-sein, unsere Angst, unsere Schwäche, unser Mensch-sein, das vielleicht Allzumenschliche, unsere Blindheit, unsere Lahmheit, unsere Lieblosigkeit, unsere Kälte, unsere Härte, unsere Unversöhnlichkeit, all unser Negatives und Ungöttliches überwunden und besiegt. Nun sollen wir nur noch versuchen, mehr zu lieben! Denn das hilft uns! Johannes sagt uns, dass die (reine) Liebe furchtlos sei, dass die völlige Liebe die Furcht vertreibe (vgl. 1. Johannes 4; 18). Wo keine Furcht ist, wo Angst genommen wurde, da kehrt Frieden ein. Diesen Frieden dürfen wir in IHM haben, dieser Friede kommt aus der engstmöglichen Lebensgemeinschaft mit Christus - dem beseligenden Genuss des Leibes und Blutes Christi in der Feier des Heiligen Abendmahles. IN Christus ist dieser Friede, der uns so stark macht, dass wir zwar vielleicht immer noch Angst haben, aber eben auch das Wissen: Der allvermögende Gott und unser Heiland Jesus Christus sind immer, in jeder Situation stärker als alles, was uns Angst machen will! Und selbst wenn wir in Lebenslagen geraten, wo alles "aus den Fugen gerät", wo es den Anschein hat, dieser Gott habe kein Interesse an uns, kann uns dieser liebende Glaube, kann uns diese vertrauende Hoffnung tragen: Gott liebt uns - und unsere Angst (die immer Todesangst ist) ist für IHN die Hölle! Er will unsere Freiheit, er will unsere Erlösung, er will unser Heil - und er hat alles dafür getan, er tut alles dafür, und er wird niemals aufhören, alles dafür zu tun! Eine solch unbedingte Liebe können wir nur erwidern, wir können sie nur weitergeben. Und genau dazu fordert uns Johannes auf, wenn er sagt: "Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch untereinander lieben." (vgl. 1. Johannes 4; 11)  und "Lasst uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt." (vgl. 1. Johannes 4; 19)

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Donnerstag, 22. März 2012

Kurze Gedanken zur Frömmigkeit


Echte Frömmigkeit unterscheidet sich sehr deutlich vom sogenannten "Frömmeln". Diese wahre, christliche Frömmigkeit ist ein demütiges Offen-sein für Gottes Wirken und Walten, ist ein liebendes Sich-versenken in Jesus Christus, ein fröhliches Sich-hingeben an den Heiligen Geist. Es ist gekennzeichnet von der Reinheit des Herzens, der Friedfertigkeit und dem unbedingten Willen zur Vergebung und Versöhnung. Fromm ist man innen, auch wenn es sich aussen zeigt. 

Frömmelei dagegen ist eine bloße äussere Gebärde, das Erzeugen eines Scheins, dem es völlig an innerer Substanz fehlt; der vorgespielte, täuschen wollende, fromme Schein ist nichts als Heuchelei, es fehlt das eigentliche "Sein". Man "frömmelt" nach aussen, ohne dass inwendig damit wirklich Substantielles verbunden wäre. Darauf mögen Menschen durchaus hereinfallen; Gott tut es nicht. So ist dieses "Frömmeln" also ein versuchter Betrug und ein vollendeter Selbstbetrug auf einmal. 

Der/die Fromme wird durch sein/ihr Offen-sein mehr und mehr vom Göttlichen durchdrungen, er/sie sucht die immer inniger werdende Gemeinschaft mit Christus, die sich in der vertrauenden Annahme der Sakramente, sowie der liebenden Hinwendung, ja sogar der Hingabe an den Nächsten, zeigt. Da der Heilige Geist die Triebfeder wahrer Frömmigkeit ist, hat man die Frommen den Söhnen (und Töchtern) Gottes zuzuordnen (vgl. Römer 8; 14). Das hat Auswirkung auf ihr gegenwärtiges Sein, welches sich immer mehr auf Gott und den Nächsten hin fokussiert und von Gottes heiligendem Nahesein gekennzeichnet ist. Es hat aber auch Auswirkung auf das zukünftige Sein, denn Gott wird in Christo alle, die sich seinem Dienste liebend ergeben haben, dieses sein Nahesein so konzentrieren, dass sie ihn von Angesicht zu Angesicht sehen werden, ihn sehen werden, wie Er ist (vgl. 1. Johannes 3; 2), was nichts anderes bedeutet, als dass sie zu wahren Ebenbildern Gottes verwandelt werden, also wieder in den paradiesischen Zustand der ewigen Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn kommen werden. Das ist die wunderbare Verheißung, welche hinter der ehrlichen, innersten Frömmigkeit aufscheint. Das "Frömmeln" wird bereits heute von seinem gravierenden Mangel an seelischer Substanz, vom Fehlen der wirklichen Gottes- und Nächstenliebe demaskiert. Da scheint keine Verheißung auf, sondern es droht auf die momentane Täuschung später die umso bitterere Enttäuschung. 

© urs-leo

Gesetz contra Evangelium


"Das Gesetz deckt nur die Sünde auf, macht den Menschen strafwürdig und treibt so das Gewissen in die Angst. Das Evangelium aber verkündet denen, die dergestalt geängstet sind, das ersehnte Heilmittel. Das Gesetz verkündet Unheil, das Evangelium aber Gutes; das Gesetz kündigt Zorn an, das Evangelium aber Freude. Das Gesetz bedrängt das Gewissen durch die Sünden, das Evangelium aber macht es frei und schenkt ihm den Frieden durch den Glauben an Christus. 
Es steht sich also jeweils ein Zwiefaches gegenüber:  
Gesetz - Sünde: Das Gesetz deckt die Sünde auf und macht den Menschen strafwürdig und krank, ja erweist ihn als den, der verdammt ist. 
Evangelium - Gnade: Das Evangelium bietet die Gnade an und vergibt die Sünde, steuert der Krankheit und führt zur Genesung."

von Dr. Martin Luther (1483 - 1546)
aus der Vorlesung über den Römerbrief (1515/16)
zur Textstelle Römer 10; 15

Dienstag, 20. März 2012

Du bist da!



Oft werde ich schwach und glaube Dir nicht,
- aber Du bist da!
Oft habe ich Angst und vertraue Dir nicht,
- aber Du bist da!
Oft bin ich innerlich so überfüllt und rede nicht mit Dir,
- aber Du bist da!
Oft höre ich nicht und folge Deinem Ruf nicht,
- aber Du bist da!
Oft urteile ich über Menschen, die Du liebst,
- aber Du bist da!
Oft verrate ich Dich und willige in das Böse ein,
- aber Du bist da!
Oft kümmere ich mich nicht um Dich und lebe mein Leben,
- aber Du bist da!
Oft verkenne ich Deine Größe und halte mich selbst für groß,
- aber Du bist da!
Oft denke ich nicht an Deine Allmacht und komme mir stark vor,
- aber Du bist da!
Oft spüre ich Deine Nähe nicht und und fühle mich allein,
- aber Du bist da!


HERR, Du bist da - für mich!
Lass mich auch DA sein!
Ich möchte da sein für den Nächsten,
ich möchte da sein, wo Du bist.
Hilf mir, denn ich weiß:
Du bist da!

© urs-leo

Montag, 19. März 2012

Es geht nicht ohne Glauben



Jeder Mensch glaubt irgendetwas,
auch wenn er meint, er glaube nichts.
Er kann nicht von dem leben,
was er sehen und beweisen kann.


Niemand kann einen Menschen lieben,
wenn er nicht glauben will,
denn der andere kann nicht ständig beweisen,
dass er es ernst meint.


Niemand kann einem anderen vertrauen,
wenn er nicht glauben will,
denn der andere kann ihm nicht beweisen,
dass er Vertrauen verdient.


Niemand kann etwas planen oder tun,
wenn er nicht glauben will,
denn er kann nicht wissen,
was die Zukunft bringt.


von Jörg Zink (* 1922) und Rainer Röhricht (* ?)
aus: Was Christen glauben (Gütersloh, 1987)

Gott und/oder Welt ?


"Das Entscheidende für den Christen ist nicht, dass er die Güter der Welt aufgibt, sondern dass er sich an sie nicht hingibt, nicht weggibt, dass er sich nicht an sie verliert: weder an den Sexus noch an den Reichtum, noch an die Macht. Sich hingeben, sich weggeben, sich verlieren kann der Christ nur an Gott, für den er sich grundsätzlich und radikal im Glauben entschieden hat. Gott allein ist absolut, alles andere ist relativ. Das Entscheidende für den Christen ist also nicht, dass er die Welt und ihre Güter verlässt, sondern dass er ihnen nicht verfällt, positiv gesagt: dass er sich die großartige Freiheit des Christen gegenüber der Welt bewahrt, die sich in der inneren Distanz zu den Dingen dieser Welt offenbart. Nicht der äusserlich-räumliche, sondern der innerlich-personale Abstand ist ausschlaggebend."

von Hans Küng (* 1928), katholischer Theologe
aus: Vertrauen, das trägt (ISBN 978-3-451-05373-3)

Samstag, 17. März 2012

Christliche Gedanken


"Nicht von der Welt zu Gott, sondern von Gott zur Welt geht der Weg Jesu Christi und daher der Weg alles christlichen Denkens."


von Dietrich Bonhoeffer, evangelischer Theologe (1906 - 1945)



"Gottes Herrlichkeit wird dann am höchsten unter uns veranschaulicht, wenn wir nichts mehr als Gefäße seiner Barmherzigkeit sind."

von Johannes Calvin, Reformator aus Frankreich (1509 - 1564)




"Glaube ist immer auch Glaube gegen den Augenschein, gegen die bitteren Realitäten dieser Welt. Glaube kann uns die Kraft vermitteln, uns damit nicht einfach abzufinden, Friedlosigkeit und Zerrissenheit nicht einfach hinzunehmen."


von Maria Jepsen, evangelische Theologin und Bischöfin (* 1945)

Donnerstag, 15. März 2012

Segen



Der HERR
voller Liebe wie eine Mutter
und gütig wie ein Vater,
segne Dich
ER lasse Deine Hoffnung erblühen,
ER lasse Deine Früchte reifen,
und behüte Dich
ER umarme Dich in Deiner Angst,
ER stelle sich vor Dich in Deiner Not.
Der HERR lasse leuchten sein Angesicht über Dir
wie ein zärtlicher Blick erwärmt,
so überwinde ER bei Dir, was erstarrt ist.
und sei Dir gnädig
wenn Schuld Dich drückt,
befreie ER Dich, sie zu erkennen.
Der HERR erhebe sein Angesicht auf Dich
ER sehe Dein Leid,
ER tröste und heile Dich.
und gebe Dir Frieden
das Wohl Deines Leibes,
das Heil Deiner Seele,
die Lebendigkeit Deines Geistes.


aus einem Flyer der Nordelbischen ELK

Eine Bitte



"Schenke mir, Herr, 
Verstand, der Dich erkennt,
Eifer, der Dich sucht,
Weisheit, die Dich findet, 
eine Lebensweise, die Dir gefällt,
Beharrlichkeit, die Dich glaubend erwartet,
Vertrauen, das Dich am Ende umfängt."


Thomas von Aquin (~1225 - 1274)

Mittwoch, 14. März 2012

Gedankensplitter


"Das Wort 'Wahrheit' bezieht sich nicht allein auf Worte, sondern es muss überhaupt über dem ganzen Leben stehen. Alles, was wir reden, denken, leben und sind, soll gewiss und wahrhaftig sein, damit nicht allein die Welt, sondern auch wir selbst nicht betrogen werden."

Martin Luther (1483 - 1546)

Einladung



"Glaube, Hoffnung und Liebe gehören zusammen. Die Hoffnung artikuliert sich praktisch in der Tugend der Geduld, die im Guten auch in der scheinbaren Erfolglosigkeit nicht nachlässt, und in der Tugend der Demut, die Gottes Geheimnis annimmt und Ihm auf im Dunklen traut. Der Glaube zeigt uns den Gott, der seinen Sohn für uns hingegeben hat, und gibt uns so die überwältigende Gewissheit, dass es wahr ist: Gott ist Liebe! Auf diese Weise verwandelt er unsere Ungeduld und unsere Zweifel in Hoffnungsgewissheit, dass Gott die Welt in Händen hält und dass Er trotz allen Dunkels siegt, wie es in seinen erschütternden Bildern zuletzt strahlend das Buch der 'Offenbarung Johannis' zeigt. Der Glaube, das Innewerden der Liebe Gottes, die sich im durchbohrten Herzen Jesu am Kreuze offenbart hat, erzeugt seinerseits Liebe. Sie ist das Licht - letztlich das einzige -, das eine dunkle Welt immer wieder erhellt und uns den Mut zum Leben und zum Handeln gibt. Die Liebe ist möglich und wir können sie tun, weil wir nach Gottes Bild geschaffen sind. Die Liebe zu verwirklichen und damit das Licht Gottes in die Welt einzulassen - dazu möchte ich einladen."

Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger)
in seiner ersten Enzyklika "Deus Caritas est (39)"

Montag, 12. März 2012

Mensch, ärgere Dich nicht



"Erscheint Dir etwas unerhört,
bist tiefsten Herzens Du empört,
bäum' Dich nicht auf, versuch's nicht mit Streit,
berühr' es nicht, - überlass es der Zeit!


Am ersten Tag wirst Du Dich feige schelten,
am zweiten Tag lässt Du Dein Schweigen schon gelten,
am dritten Tag hast Du es dann überwunden;
- alles ist wichtig nur für Stunden!


Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam und Friedensstifter."


von Theodor Fontane  (1819 - 1898)

Sonntag, 11. März 2012

Kurzer Gedanke zur Theologie



"Theologie bedeutet den Vollzug des Glaubensaktes in der Sphäre des Denkens. Der Glaube soll die Welt überwinden. Die Theologie ist das Ringen um Überwindung der Welt der Geister und Gedanken. Die Theologen vollziehen damit die Besinnung (...) als Dienst an der ganzen Gemeinde, also gleichsam in stellvertretendem Denken."

Diese Worte stammen von dem Theologen Paul Althaus (1888 -1966),
sie sind seinem Buch "Evangelium und Leben" (1927) entnommen.


Es wäre nun wünschenswert, dass nicht nur die Theologen den Glaubensakt denkend vollziehen, sondern dass jeder Christ sich dazu aufgerufen fühlt. Wir müssen - wie Althaus es schreibt - darum ringen, die Welt der Geister und Gedanken zu überwinden, also im Gewirr der Aussagen und Meinungen den je eigenen Weg zu Gott finden. Und ich wünschte mir, dass sich nicht so sehr viele Christen damit begnügten und sich so arglos darauf verliessen, dass die Theologen schon für sie denken werden. Wenn ich das, was andere (für mich?) denken, einfach so - also gedankenlos - übernehme, dann bin ich wie ein Papagei, der etwas nachplappert, ohne zu wissen, worum es wirklich geht. Wenn ich als Christ nicht weiß, worum es sich beim Christsein handelt, dann bin ich ein belangloser Mitläufer, der nichts weiß, nichts versteht und niemandem nützt. Ich kann so dem Christentum nicht zu der von Gott gewollten Wirkung, dass nämlich alle Menschen Hilfe in ihrem Seelenleben erhalten und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, verhelfen. Lasst uns darum denkend glauben, unseren Glauben durchdenken und immer wieder neu prüfen, damit wir auf der Höhe Gottes und Christi sind, und so unserem Sein den wahren Sinn verleihen können, den Gott diesem beigelegt hat. Wir glauben, bedenken unseren Glauben, gelangen dadurch zur Erkenntnis, die wiederum hilft, unseren Glauben mehr und mehr zu festigen.

© urs-leo

Samstag, 10. März 2012

Freiheit und Liebe


"Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen. Allein seht zu, dass ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt; sondern durch Liebe diene einer dem andern."   Galater 5; 13


Wir sind zur Freiheit berufen, was nicht bedeutet, dass unsere Freiheit bereits eine endgültige wäre. Wir sind also zu einer "endgültigen Freiheit" berufen, oder wie Paulus es andernorts ausdrückt, auf Hoffnung hin gerettet (vgl. Römer 8; 24). Wir müssen diese von Christus erkämpfte und uns geschenkte Freiheit nützen, müssen im Sinne dieser Freiheit, im Sinne des uns Befreienden, leben. Wir dürfen diese Freiheit nicht missdeuten, um sie nicht wieder zu verlieren. Freiheit ist auf der Welt ein kostbares (und durchaus seltenes) Gut; wer sie genossen hat, möchte sie niemals wieder hergeben. Unsere Freiheit in Christo ist die Befreiung von Sünde und Tod. Man merkt oft einige Zeit nicht, dass man im Begriff ist, sie wieder zu verlieren, oder dass man sie bereits wieder verspielt hat. Wir müssen der Liebe und Barmherzigkeit Gottes, welche uns diese Freiheit garantieren, würdig leben, damit wir  ewiger Freiheit teilhaftig werden. Das bedeutet, wie Paulus es hier schreibt, dass wir uns in den Dienst dieser Freiheit stellen müssen, in den Dienst Gottes und Christi treten sollen, um am göttlichen Werk dieser Freiheit mitzuwirken. Nun sollten wir vielleicht einen Augenblick darüber nachdenken, wie sich dieser Freiheitsbegriff für uns definiert.

Freiheit bedeutet zunächst einmal, dass ich tun und lassen kann, was immer ich will. Aber diese Auffassung von Freiheit entbehrt der Dauerhaftigkeit, weil sie früher oder später in Bindungen - also in erneute Unfreiheit - verstrickt. Freiheit aus der Gnade Gottes ist nicht "Freiheit zur Sünde", sondern eben "Freiheit von der Sünde". Damit ergibt sich, dass ich im Sinne wahrer christlicher Freiheit eben nicht tun und lassen kann, was ich möchte. Aber es bedeutet wunderbarerweise, dass ich als "von Christus zur Freiheit Befreiter" (vgl. Galater 5; 1) auf Basis dieser Befreiung nicht mehr tun muss, was ich nicht tun möchte und auch nicht tun sollte. Freiheit heißt schon im ganz gewöhnlichen Leben nicht Bindungs- und Hemmungslosigkeit; das halten wir zurecht für eine Pervertierung des Freiheitsgedankens. Freiheit ist eine Verpflichtung und Verantwortung, und damit geht mit wirklicher Freiheit immer eine neue, wenn auch freiwillig eingegangene, Bindung einher. Freiheit in Christo bindet die Seele an Gott und seinen Willen. Und weil das ein Wille ist, der allen Menschen wirklich helfen will, der alle zu wahrer Gotteserkenntnis führen möchte (vgl. 1. Timotheus 2; 4), ist diese Bindung ein "Verbundenwerden in Liebe". Wer liebt, geht frohen und offenen Herzens eine Bindung ein; und dem Liebenden kann diese Bindung kaum tief genug sein. Das Wort sagt ausserdem, dass es sich um eine Berufung handelt. Da ist man also auf- und angerufen, in einen Dienst, in eine Verantwortung, in eine besondere Stellung zu treten. Das ist schon etwas anderes als der bekannte Werbeslogan "Die Freiheit nehm' ich mir!" Das ist nicht die Freiheit in Christo, sondern dann handelt es sich um "Freiheiten", die man sich "herausnimmt". Hier zeigt schon die Wortwahl, dass es sich um alles andere als "sicheres Terrain" handelt. Wer den Freiheitsbegriff so ganz eng als Selbstbestimmung und/oder Selbstverwirklichung definiert, geht am Freiheitsbegriff Christi vollkommen vorbei. Dieser ist einengend-egoistisch auf das Selbst fokussiert, während jener - weit und liebevoll dienstbereit - auch und gerade den Nächsten mit ins Auge fasst. Gar zu viele verwechseln eben "Freiheiten" mit wahrer Freiheit. Freiheiten binden die Seele an die Ergebnisse ihrer selbst; Freiheit in Christo bindet an Gott und den Nächsten. Freiheit kann nur gewähren, wer Macht hat. Also kann auch nur Christus wahre Freiheit gewähren, weil IHM alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben wurde (vgl. Matthäus 23; 18). Jede andere Art von (scheinbarer und lediglich temporärer) Freiheit wird von Mächten gewährt, die eigentlich nur die möglichst feste Bindung dessen im Sinne haben, dem sie diese vermeintliche Freiheit anbieten. Und nur Jesus Christus allein kann Freiheit von Sünde und Tod schenken, weil Er eben "alle Gewalt" innehat, weil Er Sünde und Tod besiegt und überwunden hat. Christus hat die Macht, mit allen Gebundenheiten unserer Seele fertig zu werden. Diese Macht hat niemand sonst. Ein vielleicht banales und hinkendes Beispiel: Ich kann jemanden aus einem Gefängnis herausholen, also "befreien". Aber er ist danach nicht frei, sondern lediglich als Entflohener auf der Flucht. Ein Gnadenakt - zum Beispiel des Staatsoberhauptes - aber macht ihn wieder zu einem "freien Menschen". Ich könnte ihm also nur Scheinfreiheit bieten; ich würde seine "momentane Situation" lediglich im Sinne des Aufenthaltsortes verändern. Der Betreffende bliebe ein Gefangener, eben ein flüchtiger, auch wenn er selbst sich dieser Freiheitsillusion ganz begeistert hingäbe. Im Bezug auf die Freiheit der Seele ist die Sachlage kein bisschen anders.


Paulus warnt davor, die verliehene Freiheit zu missbrauchen, sie im verkehrten Sinne zu nutzen, in dem man "dem Fleisch Raum gibt". Mit dem Wort "Fleisch" (griech.: SARX) ist bei Paulus stets "der ganze Mensch" gemeint, also nicht nur der Körper. Aber dieses Wort bezeichnet eben auch eine niedrigere Stufe der Existenz gegenüber von "PSYCHE", oder gar gegenüber von "PNEUMA", dem "Leben im Geiste". Fleisch ist für Paulus eine Existenz im rein Menschlichen, Irdischen, Vergänglichen, Ungöttlichen, dem Tode Geweihten. Und darum warnt er so eindringlich davor, dem allem Raum zu geben, und damit die geschenkte Freiheit leichtfertig zu verspielen. Wo das "SARX" Raum erhält, nutzt es diesen, um "neue Bindungen" zu schaffen; Gebundenheiten, die nicht aus der Liebe Christi kommen. Der Apostel nennt aber das Kriterium, das dem "PNEUMA" den notwendigen Raum gewährt. Es ist die Liebe, das ureigenste Wesen des allvermögenden Gottes, das die Gemeinschaft mit IHM, dem Allewigen, garantiert (vgl. 1. Johannes 4; 16). Diese Liebe stellt sich gerne in den Dienst am Nächsten, weil sie erkennt, dass Gott, dass Christus eben diesen Nächsten mit genauso inniger und herzlicher Liebe ansieht, wie das bei einem selbst der Fall ist. Und diese Liebe Gottes kann (wenn wir sie lassen) unser gesamtes Wesen "umkrempeln", sie bringt uns dazu, ihr Wesen anzunehmen, uns ihr anzugleichen, wie sie zu handeln. Handeln aus göttlicher Liebe heraus ist also Handeln aus Freiheit. Christliche Freiheit hat nicht allein das eigene Freisein im Sinne, sondern vielmehr die Freiheit vieler, wenn möglich aller. Der in Christus Befreite stellt sich als ein "Knecht" (wie es Christus selbst auch war) in den Dienst seines Befreiers. Er wird aus Liebe zum Diener des Befreienden, zum "Sklaven Christi". Als solchen hat sich Paulus oft bezeichnet. Die "Sklaven Christi" sind zur wahren Freiheit, zum Dienst der Liebe, zum ewigen Leben berufen. Der "Sklave der Sünde" ist zur höchsten Unfreiheit - zum Tode - verdammt. Die Freiheit in Christo gibt dem Wirken des Geistes Gottes Raum, um  mitzuhelfen, auch andere zur Freiheit zu befreien, um letztlich alle Bindungen der Seele, die nicht aus der Liebe resultieren, aufzuheben. Ein Ruf Gottes in eine Verantwortung, die unfassbar Großes mit sich bringt; ein Ruf, dem zu folgen sich lohnt - und zwar ewig.


© urs-leo

Trostlied



Du bist ein Mensch, das weißt Du wohl;
was strebst Du denn nach Dingen,
die Gott, der Höchst', alleine soll
und kann zu Werke bringen?
Du fährst mit Deinem Witz und Sinn
durch so viel tausend Sorgen hin
und denkst: Wie will's auf Erden
doch endlich mit mir werden?


Es ist umsonst; Du wirst fürwahr
mit allem Deinem Dichten
und aller Sorgen großer Schar
das Kleinste nicht ausrichten;
und dient Dein Gram sonst nirgend zu,
als dass Du Dich aus Deiner Ruh
in Angst und Schmerzen stürzest
und selbst Dein Leben kürzest.


Willst Du was tun, das Gott gefällt
und Dir zum Heil gedeihet,
so wirf Dein' Sorgen auf den Held',
den Erd' und Himmel scheuet,
und gib Dein Leben, Tun und Stand
nur fröhlich hin in Gottes Hand,
so wird Er Deinen Sachen
ein fröhlich Ende machen.


O siehe doch, wie viel und oft
ist kläglich umgeschlagen,
was Du gewiss und fest gehofft
mit Händen zu erjagen;
hingegen wie so manches Mal
ist das gescheh'n, das überall
kein Mensch, kein Rat, kein Sinnen
sich hat erdenken können!


Wie oft bist Du in große Not
durch eignen Willen kommen,
da Dein verblend'ter Sinn den Tod
fürs Leben angenommen;
und hätte Gott Dein Werk und Tat
ergehen lassen nach dem Rat,
in dem Du's angefangen,
Du wärst zugrunde gangen.


Der aber, der uns ewig liebt,
macht gut, was wir verwirren,
erfreut, wo wir uns selbst betrübt,
und führt uns, wo wir irren.
Und dazu treibt Ihn sein Gemüt
und die so reine Vatergüt',
in der uns arme Sünder
Er trägt als seine Kinder.


Ach, wie so oftmals schweigt Er still
und tut doch, was uns nützet,
da unterdessen unser Will'
und Herz in Ängsten sitzet,
sucht hier und da und findet nichts,
will seh'n und mangelt doch des Lichts,
will aus der Angst sich winden
und kann den Weg nicht finden.


Gott aber geht gerade fort
auf seinen weisen Wegen;
er geht und bringt uns an den Ort,
da Wind und Sturm sich legen.
Hernachmals, wenn das Werk gescheh'n,
so kann alsdann der Mensch erseh'n,
was der, so ihn regieret,
in seinem Rat geführet.


Drum, liebes Herz, sei wohlgemut
und lass von Sorg'  und Grämen!
Gott hat ein Herz, das nimmer ruht,
Dein Bestes vorzunehmen.
Er kann's nicht lassen, glaube mir;
sein Vaterherz ist gegen Dir
und uns hier all' zusammen
voll süßer Liebesflammen.


Tu als ein Kind und lege Dich
in Deines Vaters Armem
bitt' ihn und flehe, bis Er sich
Dein, wie er pflegt, erbarme:
so wird Er Dich durch seinen Geist
auf Wegen, die Du jetzt nicht weißt,
nach wohlgehalt'nem Ringen
aus allen Sorgen bringen.


von Paul Gerhardt (1607 - 1676)